5 - Heiraten der letzte Versuch - Oder das doppelte Qchen
Ich hatte volles Haus an diesem Tag. Die Nachbarn, Mr. und Mrs. Aries waren gekommen, um mir zu meiner Heldentat zu gratulieren. Nerys Aries war Bajoranerin, aber sie hatte das Sprücheklopfen mindestens genau so gut gelernt wie ihr celsianischer Mann.
Gerade wollten wir auf die Sache anstoßen, da piepte die Türsprechanlage. „Wer ist da?”, lächelte ich ins Mikro. „Saskia.”, antwortete eine Kinderstimme. „Kann ich dich besuchen?” „Komm rein, Maus.”, war meine Antwort. Dann befahl ich dem Computer, die Tür zu öffnen. Die kleine Q streckte mir ihre Hand zur Begrüßung entgegen. „Find’ ich ja echt knuffig, dass du gekommen bist.”, sagte ich. „Aber wo ist denn dein Bruder?” „Ach.”, machte sie. „Der hat keine Lust. Jungs eben.”
Ich grinste und wollte sie eben ins Wohnzimmer führen, als mich die Sprechanlage erneut von meinem Vorhaben abbrachte. Genervt nahm ich erneut das Mikro und sagte: „Wer will denn jetzt schon wieder was?” „Data und ich sind hier.”, entgegnete mir eine nüchterne Androidinnenstimme. „Ähm, sorry, Cupernica.”, erwiderte ich peinlich berührt. „Kommt rein. Ich hab’ nur schon so viel Besuch.”
Ich führte meine drei neuen Gäste ins Wohnzimmer. Hier setzten wir uns an den Tisch und Cupernica kam gleich zur Sache. „Data und ich wollen einen neuen Versuch unternehmen, endlich die Ehe zu schließen. „Na ja, wurde aber auch Zeit.”, meinte Aries. „Den letzten hat Sytania euch ja gründlich verhagelt.” „Bestätigt.”, meinten die Androiden unisono. Cupernicas Blick ging prüfend durch die Runde, als sie sagte: „Wir möchten allerdings keine terranische, sondern eine demetanische Zeremonie. Das bedeutet, wir brauchen eine alte Frau, ein Mädchen und eine junge Frau, die die drei Parzen symbolisieren. Ich nehme an, alle hier wissen, dass die Demetaner schicksalsgläubig sind.” „Mit einem demetanischen Geistlichen habe ich schon gesprochen.”, fügte Data hinzu.
„Den Posten der Alten könnte doch ich übernehmen.”, meldete sich Nerys freiwillig. Data sah die berentete Professorin an und nickte dann. „Die Jüngere bin sicher ich.”, kombinierte ich. „Ehm genau.”, machte Cupernica und sah zu Saskia hinüber. „Was glaubst du wohl, junge Dame, wen wir für den Posten des Mädchens vorgesehen haben.” „Etwa mich?”, quietschte die kleine Q aufgeregt. „Du hast es erfasst.”, erwiderte Data gleichmütig und strich ihr über das Haar. „Ich frag’ gleich Mama und Papa, ob ich darf!”, sprach sie und war in einem Blitz verschwunden. Aries blieb vor Staunen der Kaffee im Hals stehen. „Schlucken, Schatz, schlucken.”, scherzte Nerys.
Einige Tage später war auch der Geistliche von Demeta eingetroffen und die Hochzeit sollte im Bürgerhaus von Little Federation über die Bühne gehen. Saskia, Nerys und ich saßen etwas erhöht auf einem Podest. Auf einer Fläche unter uns stand ein Webstuhl. Davor saßen Data und Cupernica sich gegenüber. Die beiden sollten von ihrer jeweiligen Seite des Webstuhles aus ihren Faden zur Mitte hin weben, damit ein gemeinsames Tuch entstand. Im fatalistischen Glauben wird das Leben durch den Lebensfaden symbolisiert. Währenddessen sollte der Priester demetanische Gebete sprechen. Unsere Aufgabe war es, genau darauf zu achten, dass das Tuch korrekt gewebt war und später zu bezeugen, dass wir dies gesehen hatten. Wir mussten dem Priester später mit einer bestimmten Formel antworten, die er vorher mit uns geübt hatte. „Den Propheten sei Dank dürfen wir auf Englisch antworten.”, hatte Nerys gemeint. „Bei Demetanisch hätte ich mir jede Zungenmuskelfaser einzeln gebrochen.” „Keine Panik.”, hatte Saskia erwidert. „Die Braut ist Ärztin.”
Hier saßen wir nun also und sahen Data und Cupernica beim Weben zu. Von den Gebeten, die der Priester sprach, verstand ich nur wenig, denn sein Demetanisch war sehr schnell. Das machte aber nichts. Ich wusste ja, worum es im Prinzip ging. Er erbat von Mutter Schicksal den Segen für die Ehe usw.
Nach einer Weile hoben Data und Cupernica die Hände um zu zeigen, dass sie mit dem Weben fertig waren. Nerys nahm eine Art goldenes Zepter, das vor ihr auf dem Tisch lag und hielt es in Richtung des Priesters. Dieser unterbrach das Beten, drehte sich zu ihr und fragte: „Kannst du mir bei der Weißheit deines Alters schwören, Parze, dass dies Tuch gemeinsam zur Verknüpfung beider Lebensfäden gewebt wurde?” „Nichts anderes sah ich und schwöre ich dir, Priester, bei der Weißheit meines Alters.” Nerys gab das Zepter an mich weiter. Der Priester kam zu mir und fragte: „Kannst du, die du in der Mitte des Lebens stehst, Parze, bei deiner Vernunft schwören, dass dies Tuch zur gemeinsamen Verknüpfung beider Lebensfäden gewebt wurde?” „Nichts anderes sah ich und schwöre ich dir, Priester, bei meiner Vernunft.”, entgegnete ich feierlich. Dann gab ich das Zepter an Saskia weiter. „Bin aufgeregt.”, flüsterte die Q mir zu. „Hey.”, machte Nerys leise. „Du schaffst das auch.” „Kannst du, die du jung und unbekümmert bist, Parze, bei der Unbekümmertheit deiner Jugend schwören, dass dies Tuch zur gemeinsamen Verknüpfung beider Lebensfäden gewebt wurde?”, fragte der Priester. „Nichts anderes sah ich und schwöre ich dir, Priester, bei der Unbekümmertheit meiner Jugend.”, antwortete sie, nachdem sie ein paar Mal tief Luft geholt hatte.
Q und Jenny waren gerade rechtzeitig eingetroffen, um die Antwort ihrer Tochter mit zu bekommen. Perfektes Timing!, dachte ich. Sie hatten sich unter die übrigen Gäste gemischt.
Der Priester forderte Data und Cupernica auf, das Tuch vom Rahmen zu nehmen und in die Mitte des Raumes zu gehen. Dort sollten sie das Tuch an je einem Ende nehmen. Der Priester ließ ein zeremonielles Messer, das er vorher aus der Tasche gezogen hatte, vor allen fallen und sagte, „Seht dies Messer. Wer etwas gegen diese Ehe hat, nehme es auf und zerschneide das Tuch.”
Plötzlich ging alles ganz schnell. Es gab einen weißen Blitz und Q stand plötzlich da mit dem Messer in der Hand und hatte das Tuch zerschnitten. Neben ihm stand Riker. Aber Q saß auch an seinem Platz neben Jenny, die ihn entgeistert ansah. Verwirrt sah er hinüber und erkannte sein jüngeres Ich. „Diese ganze Hochzeit ist eine Farce.”, begann Riker eine flammende Rede. „Sie führt die menschliche Fähigkeit der Liebe ad absurdum. Wie weit sind wir pervertiert? Zwei Maschinen, die heiraten dürfen, was kommt als Nächstes?” „Nettes kleines Spiel.”, pflichtete der jüngere Q Riker bei, bevor noch jemand etwas sagen konnte. „Aber der gute William hat Recht, nicht wahr?” „Nein.”, ging der ältere Q dazwischen. „Androiden haben die gleichen Rechte wie Wesen aus Fleisch und Blut. Ich weiß nicht, wo du herkommst, und ich weiß nicht, was du willst und wie du ihn auf deine Seite gebracht hast. Aber …” „Ganz einfach.”, lachte der jüngere Q. „Ich bin in der Zeit zu einem Punkt zurückgereist, an dem Riker aus juristischen Gründen eh behauptet hat, Androiden seien Maschinen und hätten keine Rechte. Der Rest war ganz einfach.” „Oh nein, so ein Chaos.”, murmelte der ältere Q. „Du machst dich gerade einer Veränderung der Zeitlinie schuldig. Hören Sie nicht länger auf ihn, Riker, er kann nicht ich sein. Ich würde so etwas nie tun.” „Hören Sie nicht auf ihn, Will.”, entgegnete der junge Q frech. „Oder glauben Sie ernsthaft, dass ich mich in der Zukunft ändern werde und auf Seiten der Menschen stehe?” Riker schüttelte den Kopf. Seine Körpersprache verriet, dass er dem jüngeren Q Glauben schenkte.
Data und Cupernica hatten sich über F-14-Code, eine Androidenfunktionssprache, ausgetauscht und dann dem Computer des Umweltkontrollsystems mitgeteilt, er solle die Atmosphäre des Raumes mit Verteron versetzen. Das würde zwar alle Telepathen gleich betreffen, würde aber gleichzeitig dafür sorgen, dass sich der so genannte Q wieder in seine wahre Gestalt verwandeln müsse, weil er das dann ja auch nicht mehr unter Kontrolle hätte. Genau das geschah auch. Erst fiel der junge Q in Ohnmacht, dann wurde seine Figur zunehmend weiblicher und dann zeigten sich bald zwei typische schwarze Augen. „Sytania!”, rief Jenny aus. „Ich ahnte es.” „Wer hat die denn eingeladen?”, frotzelte Cenda aus dem Hintergrund. Die Electronica-Crew war nämlich auch eingeladen. Ketna kam hinzu, scannte Sytania kurz mit dem Erfasser und sagte dann in Richtung ihrer Kollegin gewandt: „Die wird eine Weile schlafen. Hätte sich eben nicht wehren sollen. Cupernica, es wäre gut, wenn du und Data dafür sorgen könntet, dass die Atmosphäre gereinigt wird. Dann können Jenny und Q sie da hin zurückschaffen, wohin sie gehört.” Die Androiden nickten.
„Nicht zu fassen, dass ich mich von der hab einlullen lassen.”, gab Riker zu und zeigte auf den bewusstlosen Körper Sytanias, bevor Q sie ins Dunkle Imperium schnippte. „Kopf hoch, Mr. Riker.”, gab Time lässig von seinem Tisch aus zurück. „Das kann mal passieren. Ist ja alles wieder gut und wenn Sie dicht halten, wird auch die Zeitlinie nicht angekratzt.” „Eins raff’ ich nich’.”, sagte Aries. „Was hätte die Frau davon?” Yetron stand auf und erklärte: „Ganz einfach: Sie will erreichen, dass Androiden alle Rechte wieder aberkannt werden. Androiden sind für telepathische Suggestion und Trugbilder nicht empfänglich und wir würden respektieren, wenn sie uns darauf aufmerksam machten. Würden sie aber als Wesen zweiter Klasse behandelt, sehe das schon anders aus. Deshalb wollte sie uns erinnern, dass sie Maschinen sind und uns somit um Jahrhunderte in der Rechtsprechung zurückwerfen. In Riker fand sie wohl ein williges Opfer.”
Aries nickte verständig und Riker schwor, auf jeden Fall dicht zu halten. Die Zeremonie wurde wiederholt und verlief ohne Zwischenfälle. So feierten wir fröhlich weiter. Am nächsten Tag brachte man den völlig verkaterten Riker wieder in seine Zeit zurück.
ENDE
von Bianca Trs, März 2009